Das dreibändige Werk behandelt die Entwicklung des Münchener Architekten Emanuel von Seidl (1856–1919) von seinen historistischen Anfängen bis zu dem Punkt, an dem er sich von der Formensprache des 19. Jahrhunderts loslöst und sich der Moderne in Form der Reformarchitektur zuwendet.
Der Œuvrekatalog mit Landhäusern und Villen, Funktionsbauten wie Krankenhäusern, kleinen Bahnhöfen, Bierpalästen, Repräsentationsbauten wie Schlössern, Stadthäusern, Gärten, Innenausstattungen und Möbelentwürfen wurde erstmals vollständig erarbeitet.
Mit aktuellen Fotografien seiner Häuser und Gärten, zum Teil seiner Innenausstattungen in Gegenüberstellung mit historischen Bauplänen bildet das Werkverzeichnis ein neues Fundament zur Analyse der Zeitenwende vom 19. zum 20. Jahrhundert und zeichnet den Bogen, welchen Seidl vom Beginn bis zum Ende seiner Tätigkeit gezogen hat.
Ausgangslage der Forschung war eine Dissertation aus dem Jahr 1993 (Die Villen und Landhäuser), zwei Autographen Seidls aus dem Jahr 1910 und 1919 sowie zahlreiche, zeitgenössische Bauzeitschriften. Die Methode, um neues Material zu finden, zu digitalisieren und aktuelle Fotografien der Bauten zu erhalten, beinhaltete Reisetätigkeit und Recherchen in öffentlichen, kommunalen und privaten Archiven deutschlandweit sowie an den westlichen, südlichen und östlichen Landesgrenzen.
Ziel der Dissertation ist neben Grundlagenforschung und der Erstellung eines kompletten Werkkataloges eine Neubewertung des Œuvres von Emanuel von Seidl, ein Aufzeigen des Stilbruchs in der Zeitenwende kurz vor 1900 (Vom Historismus zur Reform) und eine Aufarbeitung seines baulichen Werkes bezüglich Vielseitigkeit im Stil und perfekter Ausrichtung auf die natürliche Umgebung und Landschaft. Der englische Einfluss vor allem im Grundriss und in der Disposition seiner Häuser sowie die starken Bezüge zur traditionellen Bauweise des Heimatstils im Fassadenaufriss zeigen den moderaten Aufbruch des Münchener Architekten in die Moderne.
Eine Neubewertung Seidls vom Jugendstil- zum Reformarchitekten sowie ein Versuch, Prinzipien der weitgehend unerforschten Reformarchitektur herauszuarbeiten, bildet den Abschluss.
Katharina Drexler
Zeitenwende – Vom Historismus zur Reform:
Der Architekt Emanuel von Seidl (1856–1919) und sein Gesamtwerk
Werkverzeichnis in 3 Bänden. Erscheinungstermin: Ende 2025
Emanuel von Seidl als junger Mann, undatiert, um 1880, aufgenommen von Hoffotograf Friedrich Müller, signiert Fried.(rich) Müller, München. Bildquelle: Schloßmuseum Murnau, Bildarchiv.
Große Inszenierung zum Richtfest des Landhauses Seidl in Murnau, 1901. Links der Bauherr Emanuel von Seidl selbst (mit Hut), in der Wiese liegend das Konstruktionsdreieck als Attribut des Architekten. In der Loggia: Vermutlich Maurermeister Reiser, im Obergeschoss dessen Mitarbeiter. Auf dem Dachstuhl: Zimmermeister Ignaz Oettl (links) mit Planrolle und seiner Mannschaft der Zimmerleute. Bildquelle: Schloßmuseum Murnau, Bildarchiv. Fotograf/in unbekannt, Digitalisat und Zuschreibung Katharina Drexler 2015.